Mehr Beratung auf Augenhöhe
Warum Berater ein besseres Verständnis für Themen im Markt und Geschäftsmodelle ihrer Kunden brauchen, um bestmöglich zu beraten und aktive Impulse zu setzen. Ein Interview mit Stefan Ziegner von der Kreissparkasse Ludwigsburg.
Das Firmenkundengeschäft braucht mehr denn je Beratung auf Augenhöhe
In Zukunft brauchen Firmenkundenberater ein besseres Verständnis für die Themen im Markt und die Geschäftsmodelle ihrer Kunden, um auch in unsicheren Zeiten gewerbliche Kunden bestmöglich zu beraten und aktive Impulse zu setzen. Stefan Ziegner, stellvertretendes Vorstandsmitglied und Direktor Mittelstand Privatvermögen, berichtet im Interview, wie die Kreissparkasse Ludwigsburg dieser Herausforderung begegnet.
Herr Ziegner, inwiefern hat sich das Firmenkundengeschäft durch Ereignisse wie die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg oder auch die gestiegene Inflation Ihrer Meinung nach verändert?
Die von Ihnen beschriebenen Punkte wirken sich definitiv auf unsere Kunden und ihr Geschäft aus – Herausforderungen sind für Mittelständler jedoch nicht neu, da die Marktbedingungen, in denen sie agieren, immer dynamisch sind. Neu ist allerdings, dass derzeit alles zur selben Zeit stattfindet bzw. sehr schnell aufeinander folgt. Das sorgt für Unsicherheit im unternehmerischen Handeln, bei Investitionen und bei strategisch relevanten Entscheidungen. Wobei wir dennoch ein sehr buntes Bild in der Unternehmerschaft haben, da einige Firmenkunden von all diesen Themen betroffen sind, manche jedoch so gut wie gar keine Berührungspunkte haben.
Wie wirken sich diese Veränderungen auf Sie als Bank und auf den Beratungsprozess im Firmenkundengeschäft aus?
Der Beratungsprozess hat sich durch diese Entwicklungen nicht sprunghaft verändert, sondern versucht, die entsprechenden Einflüsse mit aufzunehmen. Wir haben dabei den Anspruch, mit dem Kunden auf Augenhöhe zu sprechen, Sparringspartner zu sein und ihn bei zunehmender Geschwindigkeit bei dem Erfolg für sein Geschäft zu unterstützen. Dazu gehört, dass wir uns als Bank noch eingehender mit dem Geschäftsmodell der Kunden beschäftigen. Als Bank wird es immer wichtiger zu verstehen, ob der Kunde ein Geschäftsmodell hat, dass auch in Krisenzeiten funktioniert und entsprechende Fragen stellen zu können. Insbesondere sobald sich Rahmenbedingungen eklatant schnell verändern und zu Unsicherheiten führen. Und das kann ich nur, wenn ich all diese Themen in der Welt verstehe. Daher ist unser Anspruch, dass wir sowohl unsere Berater sehr gut informiert halten, sie aber auch immer wieder animieren, sich mit den Themen auseinanderzusetzen und bewusst beim Kunden proaktiv anzusprechen.
Haben Sie hierfür ein Beispiel?
Am deutlichsten wird das aus meiner Sicht, wenn man sich den Aspekt der Nachhaltigkeit anschaut. Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen beschäftigt uns sowohl aus Eigenantrieb als auch regulatorisch stark. Sprechen wir diese Herausforderungen beim Kunden an, wird das sehr positiv aufgefasst.
Wie schaffen Sie es, dieses Themenverständnis für den Markt bei Ihren Beratern zu schärfen?
Vor der Pandemie hatten wir alle zwei bis drei Monate unseren „Blickpunkt Firmenkunden“, bei dem rund 100 Kollegen aus Vertrieb, Marktfolge und Fachspezialisten zusammenkamen und verschiedene externe Referenten Einblicke in aktuelle Themenfelder gegeben haben. Mit der Pandemie haben wir dieses Format zu einem „Morning Briefing“ umgewandelt. Bei einer kurzen und knackigen Telefonkonferenz von 30, maximal 45 Minuten informieren wir weiterhin im vier bis acht Wochen Turnus über kurz- bis mittelfristig aktuelle Themen. Leider technisch bedingt noch mit etwas wenig Interaktion, aber so bleiben die Leute auf dem Laufenden und gehen gestärkt in das Kundengespräch.
Nehmen Sie auch eine Veränderung in den Bedürfnissen der Firmenkunden wahr?
Es stehen definitiv andere Produktbedarfe im Vordergrund, da der Wunsch nach Absicherung für das Geschäftsmodell zunimmt. Das führt auch dazu, dass die Verlässlichkeit der Hausbank und eine stabile Partnerschaft zwischen Banken und Mittelstand noch wichtiger werden. Wir werden weiterhin in turbulente Situationen kommen und viele Unternehmen werden früher oder später mit einer kritischen Situation konfrontiert. Und immer dann, wenn es kniffliger wird, das Unternehmen ein schlechteres Rating bekommt oder ungeplanten Finanzierungsbedarf hat, steht und fällt es mit der Beziehung zwischen Berater und Unternehmen und ob der Berater den Partner und sein Geschäftsmodell versteht. Nachdem das Thema Hausbank vor ein paar Jahren in der Diskussion stand, rücken wir als Sparkasse damit wieder in den Fokus, da Kunden die Sparkasse als stabil, verlässlich, regional verankert und seriös wahrnehmen. Das nehme ich auch in den Gesprächen mit unseren Kunden wahr.
Welche Rollen nimmt aus Ihrer Sicht in der Zukunft der Faktor Digitalisierung im Firmenkundengeschäft ein?
Die Digitalisierung ist bei uns im Haus ein strategisch wichtiges und gesetztes Thema, mit dem wir uns viel befassen. In diesem Zuge greifen wir alles auf, was dem Kunden einen digitalen Zugangsweg für den Informationsaustausch ermöglicht. Besonders Servicethemen selbst digital zu nutzen, wird auch für das Firmenkundengeschäft wichtiger. Das Firmenkundenportal nimmt hier eine große Rolle ein, um genau das mit den speziellen Anforderungen der gewerblichen Kunden zu ermöglichen, beispielsweise unterschiedliche Berechtigungen je nach Funktion der Mitarbeiter in den mittelständischen Unternehmen.
Generell erwarten unsere Kunden, dass Kommunikation und Informationsaustausch digitaler, schlanker, schneller funktionieren. Die digitale Beratung wird daher ebenfalls weiter ausgebaut, unterstützt und unsere Berater hierfür geschult werden. Denn Berater müssen in der Lage sein, ein Kundengespräch gut in einer digitalen Umgebung zu führen. Das verändert auch die Anforderungen an die fachliche Ausbildung der Firmenkundenberater.
Was tun Sie, um die Berater entsprechend weiterzubilden?
Wir schaffen Seminarangebote, die unseren Beratern je nach Wissensstand digitale Fähigkeiten vermitteln. Allerdings müssen wir berücksichtigen: Digitale Tools sind wichtig, aber sie sind nicht die Zukunft allein, sondern Werkzeuge, die man sinnvoll so nutzen muss, wie der Kunde es gerade benötigt.
Der persönliche Kontakt ist daher insbesondere bei komplexeren oder kritischeren Themen im Beratungsgeschäft weiterhin unheimlich wichtig und bleibt unser Fokus für den Beratungsprozess, solange der Kunde uns nichts Gegenteiliges signalisiert. Denn der mehrmalige, persönliche Austausch im Jahr bildet die Basis für eine gute Kundenbeziehung – und die ist essenziell für ein erfolgreiches Firmenkundengeschäft.
Was ist darüber hinaus für Sie der Schlüssel, um auch in Zukunft erfolgreich im Firmenkundengeschäft zu agieren?
Weiterhin auf Augenhöhe mit den Unternehmern zu sein. Das erfordert, dass wir viel schneller werden, dass wir die Leute fachlich fit machen und dass wir immer wieder Impulse geben, damit sie mit ihren Kunden in dieser hohen Taktung über die richtigen Themen sprechen. Das wird sicherlich eine Herausforderung, aber auch spannend. Denn es bietet Geschäftschancen für uns und clevere Unternehmer. Wenn wir also jetzt unsere Hausaufgaben machen – und ich glaube, wir sind dort intern bereits gut aufgestellt – dann werden wir diese Herausforderung erfolgreich meistern. Gemeinsam mit unseren Unternehmern.