Norbert Baumgaertner

Interview mit Norbert Baumgärtner von der DSGF

Über die Vorteile von Kontinuität in der Marktfolge, den Einsatz von Automation und die damit verbundenen Möglichkeiten, Personalkosten ohne Entlassungen zu senken

Mit Standardisierung und Automatisierung wertvolle Synergieeffekte heben

 


Norbert Baumgärtner ist Sprecher der DSGF-Geschäftsführung. Im Interview spricht der Fachmann für Sparkassen-Betrieb (Back-Office-Prozesse) über die Vorteile von Kontinuität in der Marktfolge, den Einsatz von Automation (Workflow, RPA, KI) und Möglichkeiten, Personalkosten ohne Entlassungen zu senken.

Privatbanken setzen auf Standardisierung, um ihre Marktfolge für die Zukunft aufzustellen. Wie gehen die Sparkassen dieses wichtige Thema an? 

Seit über zehn Jahren baut die Finanz Informatik ihr Kernbanksystem OSPlus aus – eine Plattform, die sehr eng mit den Prozessen verbunden ist. Die starke Verbundpartnerschaft ist der Schwerpunkt bei der Sparkassen-Finanzgruppe. Das sorgt für Kontinuität zwischen Sparkassen, der Finanz Informatik als Betreiber der Bankenplattform und der DSGF als Abwickler für die Marktfolge. 

Wie wichtig ist das Projekt „Betriebsstrategie der Zukunft” (BdZ), gerade mit Blick auf die Standardisierung? 

Das Projekt BdZ hat unter anderem den Blick auf die Standardisierung der Prozesse und der Arbeitsteiligkeit im Verbund geschärft.  Durch eine enge Verzahnung der Sparkassen und Landesbanken mit den Verbundpartnern und Dienstleistern auf Basis des einheitlichen Standards Prozess Plus für Sparkassen (PPS), kann sich die Sparkassen vollständig auf ihren Endkunden und den Vertrieb konzentrieren. Die DSGF übernimmt die Abwicklung der Marktfolge und schafft somit Effizienzen für die Sparkassen. 

Kann eine Sparkasse heute in der Marktfolge noch eigene Akzente setzen?

Eigene Akzente kann jede Sparkasse mit ihren regionalen Stärken setzen. Dies gilt für ihr regionales Engagement wie auch bei der Kundenansprache. Über die Regionalverbände und den DSGV kann eine Sparkasse die Strategien beeinflussen. Doch für die Marktfolge liegt der Fokus – und die BdZ ist hier das elementare Rahmenwerk – auf der gemeinsamen Standardisierung aller Prozesse der Marktfolge. Den Sparkassenkunden interessiert es wenig, wie die Abwicklung seiner Aufträge erfolgt. Er möchte kompetent beraten werden, die besten finanziellen Lösungen erhalten und eine schnelle Bearbeitung seiner Anliegen. Die operative Marktfolge sowie Investitionen in Entwicklung und Innovationen kann jede Sparkasse einem professionellen Dienstleister mit Erfahrung in Standardisierung und Automatisierung überlassen. 

Wo steht die DSGF beim Thema Innovationen?

Ich gebe mal ein Beispiel aus der Marktfolge Aktiv. Die DSGF erledigt heute die Abwicklung aller Baufinanzierungen komplett digital, selbst die komplexeren unter Berücksichtigung von Fördermitteln – komplett ohne Papier. Der Medienbruch wird direkt vom Mitarbeiter in der Sparkasse bereinigt. Er scannt die Dokumente und übermittelt sie an unser Produktionsnetzwerk. Hier haben wir bereits heute, dank eines sehr hohen Automationsgrades in der Bearbeitung erreicht, das vieles komplett in der sogenannten Dunkelverarbeitung durchlaufen werden kann. Insgesamt sind wir sehr weit, weil wir im Schulterschluss mit der Finanz Informatik arbeiten, die uns zentral die Technik bereitstellt. Diese kombinieren wir mit unseren hocheffizienten Prozessen und Anwendungen.

Was können Sie heute mit KI machen, was vor ein paar Jahren noch nicht möglich war?

Unsere Mandanten sehen und spüren die Auswirkungen unserer Innovationen bereits deutlich. Nehmen wir ein Beispiel: Nachdem ein Dokument in der Sparkasse gescannt und an uns übermittelt wurde, erkennt unsere KI automatisch – anhand von geometrischen und statistischen Klassifikationen – die Art des Dokumentes und kann dieses eigenständig innerhalb der Sparkasse oder unseres Produktionsnetzwerkes weiterleiten. 
Ob Zuordnungen oder automatische Rücksendungen: Viele Arbeitsabläufe auf der Eingangsseite der Marktfolge können wir auf diese Weise effizient behandeln. 

Von welchen Technologien, die sich heute schon am Horizont abzeichnen, erhoffen Sie sich viel? 

Sehr viele technische Innovationen, wie beispielsweise die angesprochene Recognition, werden künftig von Anbietern wie Microsoft über die Cloud bereitgestellt werden. Das sorgt für eine Beschleunigung. Die Zyklen, in denen eine Bank Technik einführt und bereitstellt, werden in den nächsten fünf Jahren deutlich kürzer. Bislang hat dies viel Zeit gekostet und die Innovationszyklen in die Länge gezogen. Die neuen technischen Möglichkeiten werden die Taktung, mit der wir neue Werkzeuge und Anwendungen einsetzen können, deutlich beschleunigen und die Effizienz im Sinne unserer Mandanten abermals steigern.

Bei aller Innovationseuphorie: Wird in der Debatte ein bestimmter Aspekt unterschätzt?

Man darf nicht vergessen, dass die Sparkassen wichtige Arbeitgeber in der Region sind – und natürlich auch noch viele Mitarbeiter in der Marktfolge einsetzen. Es braucht gute Ideen, diese Mitarbeiter für andere Aufgaben zu qualifizieren. Und die Dienstleister in der Sparkassen-Finanzgruppe müssen Ihnen dabei als Partner mit geeigneten Konzepten zur Seite stehen. So unterstützen wir die Sparkassen zum Beispiel mit unserem DSGF.regio-Modell, von denen wir seit 2016 bereits acht bundesweit umsetzen konnten. Sechs bis acht weitere sollen in den kommenden drei Jahren umgesetzt werden. 

Was bringt das einer Sparkasse? 

Das Modell hilft Sparkassen, ihre Prozesse zu optimieren, ohne gleichzeitig Personal abbauen zu müssen. Ein oder mehrere Geschäftsfelder werden innerhalb der Sparkasse abgekapselt und komplett, d.h. einschließlich Steuerung und Prozesshoheit, an die DSGF übertragen. Die DSGF beschäftigt die Mitarbeiter der Sparkasse – in Form einer "Gestellung gemäß TVöD" – weiter. Regional bleibt alles beim Alten, denn die Mitarbeiter verbleiben am bisherigen Standort. Die gestellten Sparkassen-Mitarbeiter partizipieren zudem an standortübergreifenden Entwicklungsmöglichkeiten in der DSGF. Im Zuge der sinkenden Fallzahlen in der Marktfolge der eigenen Sparkasse können die Mitarbeiter durch die allgemeine Arbeitsteilung für alle Standardprozesse auch für andere Mandanten arbeiten. So sind die Produktionen und damit die Arbeitsplätze der Sparkassenmitarbeiter zu jeder Zeit abgesichert. Damit wird eine emotional verträgliche Auslagerung auf die DSGF realisiert, ohne Mitarbeiter freizusetzen.

Was für andere Varianten gibt es?

Beim BdZ-Konzept der DSGF übergibt uns die Sparkasse die Pakete für die Abwicklung in der Marktfolge in dem Maße, wie die Mitarbeiter ausscheiden. Wir stellen unseren Mandanten ein Konzept auf, das wie ein Maßanzug passt. Abgesichert durch uns als Dienstleister kann die Sparkasse dann die wirklich schwierige Aufgabe bewältigen, die Mitarbeiter sozialverträglich für neue Tätigkeiten weiterzuentwickeln.  

Jetzt haben wir viel über die Chancen und Möglichkeiten gesprochen. Welchen Fehler sollte eine Sparkasse denn möglichst vermeiden? 

Eine Sparkasse muss aufpassen, sich nicht zu abhängig von einzelnen Experten zu machen – und das hängt wiederum mit einer mangelnden Standardisierung zusammen. Wie entsteht diese Problematik? Durch "Sonderlocken“ bilden sich seltene, aber hochkomplexe Individualprozesse, wie zum Beispiel bei der Abwicklung einer Pfändung. Für diese braucht man teure Experten. Sollte solch ein Experte krank werden oder das Haus verlassen, entsteht häufig ein großes Problem, welches vermieden werden kann.
 

Vielen Dank für das Interview!
 

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